Nach 23 Jahren erneut Krieg in Europa

Veröffentlicht von DaniBuchs am

Vor vier Tagen, am 24. Februar 2022, ist etwas passiert was man innerhalb der EU für unmöglich gehalten hatte; es herrscht ein neuer Krieg in der europäischen Welt. Russland ist, nach Anerkennung der beiden Regionen Luhansk und Donezk als eigenständige Volksrepubliken, bewaffnet in die Ukraine eingedrungen und hat einen Krieg begonnen und dadurch das Völkerrecht gebrochen. Bereits nach vier Tagen sind heute Hunderttausende auf der Flucht Richtung Polen und Ungarn.

Persönlich bin ich konsterniert, mit welcher Brutalität Putin Menschen- und Völkerrechte mit Füssen tritt, in seiner unzähmbaren Gier nach Macht. Wie es ist, mitten im Krieg zu sein und nicht zu wissen, ob das eigene Haus plötzlich auch von einer Bombe getroffen wird, kann ich sehr gut nachfühlen. Dazu unten mehr.

Seit 1991 ist die Ukraine nicht mehr Teil der Sowjetunion (UdSSR), welche nach und nach zerbrach. Doch ruhig wurde es um dieses proeuropäische Land nie. Bereits 2013 verschärfte sich die Situation durch die Maidan-Bewegung. Wenige Monate später übernahm Russland im März 2014 die Kontrolle über die Halbinsel Krim. Die beiden abtrünnigen sogenannten «Volksrepubliken» Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine entstanden im April 2014 – als Folge prowestlicher oppositioneller Proteste und des Machtwechsels in Kiew.

Und nun soll die Karte neu gemischt werden? Ich wünsche allen Ukrainer:innen viel Kraft, Ausdauer, dass dieser unnötige Krieg rasch zu Ende sein wird und sich die EU, aber auch die Schweiz, mit allen möglichen Sanktionen klar gegen Russland stellt und die Ukraine unterstützt.

#standwithukraine #standup4democracy


Der Jugoslawienkrieg – ein persönliches Erlebnis

Genau heute vor 24 Jahren am 28. Februar 1998 begann der letzte Krieg in Europa – der Kosovokrieg. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen zwischen Serben und Kosovo-Albaner drangen militärisch ausgerüstete serbische Polizeikräfte in die Dörfer Likošane und Čirez im Gebiet um Drenica vor. Einen Monat später beschlossen die Vereinten Nationen ein Embargo gegen Jugoslawien. Doch die Kämpfe hielten weiter an, bis dann Mitte Oktober 1998 die serbische Staatsführung einem faktischen Waffenstillstand zustimmte. Dazwischen gab es immer wieder gegenseitige Angriffe. Insbesondere die Serben wehrten sich heftig gegen die Abspaltung des Kosovo. Nachdem dann Serbien den Friedensvertrag von Rambouillet am 23. März nur teilweise akzeptierte, begann die NATO am 24. März 1999 mit der Operation Allied Force OAF.

Die im Wesentlichen von den Vereinigten Staaten geführte Militäroperation OAF war der erste Krieg, den die NATO sowohl außerhalb eines Bündnisfalls, als auch ohne ausdrückliches UN-Mandat vor 23 Jahren führte. Die Völkerrechtsmäßigkeit des Einsatzes ist daher bis heute umstritten. Es war aber auch der erste Krieg in dem Bomben mit abgereichertem Uran, welche als sehr panzerbrechend galten, eingesetzt wurden.

Der Einsatz von Uranmunition ist ein Kriegsverbrechen. | KRITISCHES NETZWERK
Uranmunition der USA im Kosovokrieg – 1999

Noch zu gut erinnere ich mich an diese Zeit. Ich war damals gerade im WK der Schweizer Armee in Sargans, als am Abend des 24. März 1999 die NATO mit ihren Luftangriffen in der Restrepublik Jugoslawien begann. Nachdem zuerst nur Belgrad bombardiert wurde, verstärkte die NATO die Angriffe zunehmend auch auf andere Städte und gar auf Zivileinrichtungen wie Spitäler, Kindergarten, Botschaften etc.

Eine Woche später war der WK wegen den Oster-Tagen zu Ende. So beschlossen meine damalige Frau und ich sofort nach Serbien zu fahren und ihre Schwester und die kleinen Kinder in Sicherheit zu bringen. Angst hatte ich keine, nur Wut verspürte ich ob der vielen zivilen Opfer der letzten Tage. Ausgerüstet mit einer Kamera des TELE ZÜRI, welche uns zur Verfügung gestellt wurde, trafen wir nach langer Fahrt via Ungarn in der Nordserbischen Stadt Novi Sad ein, rund 90km vor Belgrad. Auf den Autobahnen war trotz enorm hohen Benzinpreisen von über drei (teilweise fünf) D-Mark pro Liter viel Verkehr; alle flüchteten Richtung Ungarn. Weil die Autobahn nach Belgrad blockiert war, fuhren wir über die grosse Varadin-Brücke ins Stadtzentrum Novi Sad und dann Richtung Süden. Ständig hörten wir Bomben bei Belgrad fallen.

Varadin-Brücke Novi Sad – 1999

Etwa vier Stunden später kamen wir in der Stadt Paracin bei meinem Schwager und seiner Familie an. Alle schauten im Wohnzimmer Nachrichten. Bereits nach wenigen Minuten sahen wir im Fernsehen, dass die Brücke in Novi Sad, wo wir vor wenigen Stunden noch drüber fuhren, inzwischen ebenfalls bombardiert wurde. Da hatte ich das erste Mal richtig Angst, denn Zivilschutzkeller gab es kaum.

Tags darauf fuhren wir mit der Schwägerin und den Kindern, sowie Kleider und etwas Proviant zurück nach Belgrad, wo wir auf die Schweizer Botschaft wollten. Gleichzeitig konnten wir durch Kontakte auch ein paar Interviews mit serbischen Militaristen unweit der Kaserne in Belgrad führen. Einige Stunden Fahrt, sowie zähen Verhandlungen für einen Kanister voll Benzin später, erreichten wir wohlbehalten die Grenze in Subotnica, von wo es dann weiter zur Schweizer Botschaft in Budapest und zurück in die Schweiz ging.

Varadin Bridge and central Novi Sad skyline
Die bombardierte Donau-Brücke wurde bereits 2000 wieder neu errichtet.

Wer mal Krieg erlebt hat, wünscht sich das nie wieder. Und meistens ist es so, wie vermutlich auch in Russland, dass viele aus der Bevölkerung gar keinen Krieg befürworten, aber durch die jeweilige Regierung hineingezogen werden. Dies darf nicht sein!

Kategorien: Allgemein

0 Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Avatar placeholder

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert